Die Liebig Sammelbilder
Aus dem Leben Liebigs – der große deutsche Forscher
Aus dem Leben Liebigs – der große deutsche Forscher
Am 12. Mai 1803 wurde in einem unscheinbaren Bürgershause Darmstadts im Großherzogtum Hessen ein Knabe geboren, aus dem einer der größten Männer werden sollte unter denen, die auf wissenschaftlichem Gebiete Geniales geleistet haben, ein gewaltiger Geist, den Deutschland mit Stolz zu seinen Söhnen zählt. Justus Liebig, so wurde der Junge in der Taufe genannt, ließ auf der Schulbank nicht ahnen, was in ihm stecke. In dem bescheidenen Schüler, der in den gewöhnlichen Lehrfächern nichts besonders Hervorragendes leistete, ahnte niemand die künftige Berühmtheit. Er selbst freilich wusste genau, was er wollte. Als eines Tages der Lehrer fragt, was er werden wolle, und Liebig antwortete, er möchte Chemie studieren, gibt es ein Gelächter: „Chemie studiert man doch nicht,“ meint, den damaligen Anschauungen entsprechend, der Lehrer. Es war dem jugendlichen Darmstädter beschieden, durch sein späteres Wirken der Überzeugung Bahn zu brechen, dass die Chemie mehr sei als eine Experimentierkunst, dass sie als Wissenschaft gelehrt und gelernt werden müsse. Er war es, der die organische Chemie zur glänzendsten Entwicklung brachte.
Aber vom Besuche einer Universität ist einstweilen noch nicht die Rede. Die Mittel der Familie sind beschränkt; der aus der Schule entlassene Jüngling muss etwas lernen, das baldigen Broterwerb sichert. Als Lehrling ist er 1818 in der Apotheke zu Heppenheim tätig, der freundlichen, meist altertümlich gebauten Kreisstadt in der hessischen Provinz Starkenburg. Nach anstrengender Tagesarbeit beschäftigt er sich in seinem Dachkämmerchen mit dem Studium der geliebten Chemie. Sein Feuereifer bringt ihn in Gefahr, denn eines Tages hatte beinahe bei einem gewagten Versuche des Unerfahrenen eine Explosion sein Leben zu frühzeitigem Abschluss gebracht. Endlich nimmt sein Geschick eine günstigere Wendung: 1819 kann er zur Hochschule ziehen. Er studiert in Bonn und in Erlangen. Die Professoren interessieren sich für den außerordentlich begabten jungen Mann und machen einflussreiche Gönner auf ihn aufmerksam. Als er 1822 nach Paris zieht, erwirbt er sich durch seine Arbeit über die Knallsäure die Gunst Alexander v. Humboldts, des großen Gelehrten, dessen Empfehlung ihm das Privatlaboratorium Gay-Lussacs öffnet, Humboldts Freund, der mit dem Deutschen so manche wichtige physikalische Arbeit beschafft hatte. Jetzt ist Liebig in seinem Element, raschen Schrittes fördert er seine weitere Laufbahn. Alexander v. Humboldts Einfluss verschafft ihm eine Stellung als außerordentlicher Professor der Chemie in Gießen, der Universität seines Heimatlandes Hessen-Darmstadt.
Und nun schließlich – zum letzten, nicht zum wenigsten – sei des dunkelbraunen Stoffes gedacht, den die Kochkunst Justus von Liebig verdankt und der seinen Namen so volkstümlich gemacht hat auch in den entferntesten Zonen des Erdballs, dass er in allen Küchen der gesitteten Welt bekannt ist: Liebigs Fleisch-Extrakt, kurzweg „Liebig“ genannt, die Echtheit erkennbar an dem altbekannten blauen Namenszug Liebigs „quer durch die Etikette“. Liebigs umfassende Untersuchungen des Fleisches hatten unter anderem das beste Verfahren gelehrt, die wertvollen Bestandteile des Fleisches abzuscheiden und festzuhalten, und die Folge war, dass, um den Fleischreichtum Südamerikas – auf dessen Verwertung Liebig als Erster aufmerksam gemacht hatte – auch in anderen Regionen nutzbar zu machen, bereits über 5 Millionen Rinder in Fray-Bentos ihr Leben lassen mussten. Die aus bescheidenen Anfängen zu großartigem Betriebe herangewachsene Fabrik zu Fray-Bentos am Uruguay zeigt unser Bild. Das dort seit 1864 genau nach den Vorschriften Liebigs hergestellte Fleisch-Extrakt, unter strengster Kontrolle zuerst durch Liebig selbst, später durch andere Gelehrte vornehmsten Ranges, hat schon seit Jahrzehnten Weltruf und stets steigt der Begehr. Seine Bedeutung für die Ernährung und nicht zum wenigsten für die Krankenpflege ist bekannt. Liebig selbst hat die enorme Verbreitung, die das von ihm dargestellte Fleisch-Extrakt finden sollte, noch erlebt. Er, der Sohn des Besitzers einer kleinen Farb- und Materialwarenhandlung in Darmstadt, beschloss seine irdische Laufbahn als Präsident der Akademie der Wissenschaften in München. Dort starb er am 18. April 1873, tief betrauert nicht nur vom deutschen Volke, sondern auch von der Gesamtheit der Männer der Wissenschaft aller Nationen. Denkmäler wurden ihm geweiht in Darmstadt 1877, in München 1883, in Gießen 1890.